2007: Von Abisko nach Abisko - 500km im Schnee

Fotos

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1. Teil des Berichtes: (Hamburg-) Abisko-Ritsem

Die Anreise

Die allmählich weglaufend hohe Semesteranzahl meines Studiums bringt es mit sich, daß ich keine Klausuren oder ähnliches im Semester zu schreiben hatte. Darüber war ich sehr glücklich und entschied mich für eine sehr frühe Tour beginnend am 5. Februar. Meine Mutter brachte mich spät abends zum Bahnhof damit ich die elendig lange Bahnfahrt antreten konnte. Ich zwängte mein Gepäck in den Regionalzug und die Fahrt begann. Nach mehrfachen Umsteigen in Jütland kam ich mit etwa einer Stunde Verspätung in Kopenhagen an, das begeisterte mich, so sparte ich mir langes Warten im ... Schneesturm (das fängt ja gut an). Der Bahnhof hatte selbstverständlich geschlossen und irgendwie war ich ganz froh über meine Wintertourenausrüstung. Aber auch diese Warterei um 3 Uhr hatte ein Ende. Der Öresundszug war angenehm warm. Im Zug überkamen mich nostalgische Gedanken, daß dies die letzte Zugfahrt mit \"Jugend\"rabatt sein würde, schon im Sommer bin ich uralt und muß mir eine Erwachsenenfahrkarte kaufen. Diese Überlegungen wurden durch eine schwedische Zollbeamte jäh unterbrochen, \"Vet dina föraldrar var du är?\" - Dadurch wußte ich immerhin, warum es Jugendrabatt heißt. Ohne Klärung dieser speziellen Frage für sie (das geht mit 25 Jahren doch etwas zu weit) ging die Fahrt weiter und ein paar Stunden später begann ein Tag in Stockholm. Ich besuchte eine Bekannte und besorgte etwas zu essen. Der Zug in den Norden am frühen Nachmittag war leer und jeder konnte sich gut ausbreiten. Dafür blieb er mitten in der Nacht stehen und fuhr erst 6 Stunden später weiter. Abisko erreichte ich so erst im Dunkeln. Eigentlich hatte ich ja noch losfahren wollen, daraus wurde natürlich nichts mehr. Also begab ich mich zum Zeltplatz der Fjällstation. Leicht übermüdet von der Fahrt begegnete ich einem Elch. Ich denke, in diesem Fall habe ich mich mehr erschrocken als der Elch, als ich ihm beinahe in den Hintern lief.

Die ersten Tage

Diese Tour war in gewisser Weise eine Premiere: Noch nie war ich so unvorbereitet. Körperlich, aber auch Tourenplanerisch. Für die erste Etappe hatte ich mir etwa 6-10 Tage vorgenommen, ich wollte mich dann aus Nikkaluokta/Kebnekaise melden. Insgesamt hatte ich in meiner Pulka (55kg) allerdings Essen für etwa 4 Wochen dabei, da ich keine Lust verspürte, irgendetwas einzukaufen. Ächzend zerrte ich die Pulka hinter mir her und in Dunkelheit erreichte ich Abiskojaure. Hier schlug ich das Zelt neben der Hütte (Nationalpark mit Zeltverbot sonst) auf und besuchte die Gruppe, die sich den Schlüssel für die Hütten ausgeliehen hatte, so konnte ich gut kochen und legte mich erholt von der Fahrt in mein Zelt, dort verpennte ich glatt den nächsten Tag. Ein paar Tage später erreichte ich Alesjaure. Hier ungefähr hatte ich körperlich das fehlende Training ausgeglichen, so wichtig ist es also wohl nicht.

Schöne Tage

Ich verliess mein Zelt, das ich etwas entfernt von den Hütten aufgebaut hatte für eine kleinere Tagestour, am nächsten Tag überquerte ich bei etwa -25°C und enormen Wind (natürlich von vorne) den Pass in Richtung Vistas. Über Vistas erreichte ich schliesslich Nallo. Auf einer etwas mißratenen Tagestour versuchte ich erneut mein Glück mit dem Nallo selbst, aber es wurde zu schnell dunkel und dieses Risiko wollte ich nicht eingehen. Nun begann der Weg nach Sälka, hier wurde das Wetter allmählich schlechter und schlechter. Mit Einbruch der Dunkelheit erreichte ich die Hütten von Sälka, jedoch war es drinnen kälter als draussen und so zeltete ich, obwohl ich eigentlich eine Hüttenübernachtung eingeplant hatte.

Sturm in Hukejaure

Am nächsten Morgen hatte das schlechte Wetter gesiegt, es war etwa 25° wärmer und knapp 0°C. Noch hatte es aber nicht angefangen zu stürmen und auch der Schneefall war im Prinzip unbefindlich, aber es war relativ klar, daß es im Laufe des Tages erheblich schlechteres Wetter werden würde. Ich vermutete, daß der Wind aus Südost kommen würde und ordentlich Schnee mit sich führen müsste. Darum entschied ich mich, direkt nach Ritsem über Hukejaure zu fahren. Statt der Markierung zu folgen (was einen ordentlichen Umweg bedeutet hätte), kürzte ich ab. Bereits jetzt hatte das Unwetter eingesetzt, mit Schnee und Sturm (aus Südwest...). Nach ein paar Stunden war die Lust bei einer Sicht von weniger als 10cm gegen den Wind durch mehr als 1m losen Schnee zu pflügen auf der Strecke geblieben und so zeltete ich etwa 4km vor der Hütte von Hukejaure. Natürlich folgte der Wind mitten in der Nacht meiner Erwartung und stand nun direkt auf mein Vorzelt. Der Sturm nahm noch zu und so verließ ich mein Zelt am nächsten Morgen einmal wieder durch den Hinterausgang (sprich ich zwängte mich hinten unterdurch). Auch heute war die Sicht wieder desaströs, dazu kam aber, daß der Wind den losen Schnee bereits etwas verweht hatte. Mehrere Male fiel ich unerwartet eine kleine Verwehung hinunter. Aber es war nur sehr kurz bis nach Hukejaure. Dort kam ich pünktlich zum Mittag. Die Gruppe, die ich bereits in Abiskojaure getroffen hatte war ebenfalls hier angekommen und aus den Hinterlassenschaften einer schwedischen Schneeskootertruppe wurde hervorragend gekocht (Rührei mit Speck - Nudeln mit Tomaten, Zwiebeln und Speck, Nudeln mit Speck zum Frühstück dazu zu allem Orangensaft und Milch, was will man mehr?).

Nach Ritsem

Gut gesättigt, getrocknet und unterhalten ließ der Sturm nach und die Sonne kam heraus. Unsere Wege trennten sich und ich fuhr in Richtung Ritsem. Dabei geht es ja im Prinzip nur bergab, trotzdem zeltete ich in der Nähe der Sitasjaure-hütte. Diese Nacht war ordentlich kalt. Der restliche Weg nach Ritsem erforderte wenig Zeit, die 15 übrigen Kilomter fuhren sich nahezu reibungsfrei in weniger als zwei Stunden. In Ritsem angekommen gab es eine Dusche in der Hütte, die noch nicht so recht geöffnet hatte.

2. Teil des Berichtes: Ritsem-Saltoluokta

Aufbruch

Bei strahlender Sonne verliess ich Ritsem. Durch dieses Wetter war die Überfahrt das reinste Vergnügen. Allerdings hatte der Wind wieder etwas zugenommen, das konnte man aber nur an der entfernten Akka erkennen, zumindest zu dem Zeitpunkt. Als der See praktisch überquert war, stand ich plötzlich im Schneetreiben, trotz Sonnenschein. Für die paar Meter zwischen Ufer und Hütte verlief die Fahrt im Warte-Modus: 10m Ski, 1min Windböe ausweichen. Über den Windschutz der Hütte war ich entsprechend froh, auch wenn ich sie erst ausgraben mußte. Trotzdem wollte ich weiter, ich vermutete, daß es sich um eine Art großen Windkanal handeln müsste. Das war in der Tat so, schon eine Stunde hinter der Hütte war es wieder windstill. Hier konnte ich auch die ungeheure Menge Schnee erkennen, es war kaum wiederzuerkennen, verglichen mit früheren Jahren.

Wiedersehen

Auf dem Weg in Richtung Kisuris-Hütte (die ich eigentlich umfahren wollte) passierte mir ein kleines Mißgeschick. In einem schneeverwehten Bachlauf rutschte mein Fuß weg weg. Dabei stützte ich mich mit dem Arm unglücklich auf dem Skistock auf - den anschliessenden Wettstreit zwischen Arm und Stock gewann unerwartet der Stock. Er brach nicht (ich hatte extra Ersatz eingepackt), der Arm zwar auch nicht, aber nun ja. Um mir das Ganze etwas genauer anzusehen fuhr ich doch in die Hütte. Zu erkennen war nichts Dramatisches, tat nur ein wenig weh. Also verließ ich die Hütte wieder und begann nach einem Zeltplatz zu suchen. Schliesslich zeltete ich an eben jenem Ort an dem ich zwei Jahre zuvor eine Tour mit heftigen Rückenschmerzen abgebrochen hatte (was das war habe ich vergessen, es hatte irgendetwas mit Tendinitis im Titel und kam nie wieder).

Im Sarek auf Skiern

Nach der ersten Nacht im Sarek-Nationalpark ging am nächsten Morgen die Sonne wieder auf, Wolken waren nicht zu sehen. Begeistert fuhr ich in Richtung Skarja durch das Ruohtesvagge. Ich kam gut auf dem zugefrorenen Fluß voran. Gegen Mittag hatte ich den Windkanal wieder erreicht, vom dem hier weiter oben bereits berichtet wurde, jedenfalls war auf einmal die Sicht weg und Schnee trieb um mich herum. Leider kam der Wind diesmal von vorne und der Rest des Tages war etwas eklig, genauso wie der nächste Tag, bis zur Mikkastugan im Zentrum des Sarek änderte sich nichts an der Situation. Hier wollte ich zwei bis drei Nächte zelten und ein paar Tagestouren machen. Aber bereits am nächsten Tag merkte ich, daß das so nicht möglich war. Zwar schien die Sonne, aber der Wind ließ den Versuch einer Tagestour nicht zu, also brach ich stattdessen auf. Im Rapadalen hatte ich nun wieder weniger Wind, dafür wurde das Wetter schlechter. Später begann es zu schneien (es sollte nicht aufhören bis ich in Saltoluokta ankam). Nach mehreren Nächten im Sarek vom Durst gequält erreichte ich schliesslich Aktse und gönnte mir eine Hüttenübernachtung. Während der Tour hatte der STF seine Saison begonnen und so wurde ich von der Hüttenwartin (meine erste menschliche Begegnung seit 10 Tagen...) als vierter Gast der Saison begrüßt und konnte mit etwas Erfrischendes zu trinken kaufen. Darüberhinaus trocknete ich wieder einmal alle möglichen Ausrüstungsgegenstände.

Auf dem Kungsleden

In Aktse endete auch jegliche weitere Planung der Tour. Eigentlich hatte ich nach Kvikkjokk fahren wollen, allerdings hatte ich nun keine Lust mehr auf Wald und Schnee. Lieber wollte ich nach Saltoluokta fahren, über die Berge. Also kam ich spät los in Richtung Norden. Dadurch hatte ich auch den Wind im Rücken, wesentlich besser als von vorne. Wenige Tage später beendete ich diese Etappe glücklich in der Sauna von Saltoluokta.

Dritter Teil des Berichtes: Vakkotavare-Abisko

Saltoluokta-Nikkaluokta

Mit Skiern verließ ich die Station von Saltoluokta und überquerte den See bei bestem Sonnenschein. Aber bereits während der Busfahrt nach Vakkotavare änderte sich das Wetter in dichten Schneefall. So würde ich nicht sehr weit kommen, also blieb ich in Vakkotavare. Am nächsten Tag trug ich in Teusajaure einen Brief an das verdutzte Hüttenwartspaar aus. Sie hatten mich kommen sehen, flankiert von je einem Elch rechts und links, ich selber hatte aber keine Elche gesehen. Die Einladung zu Kaffe und Kuchen nahm ich gerne an, aber später fuhr ich noch ein kleines Stück weiter, mittlerweile war es bereits länger hell, als ich hätte skifahren können. So hatte ich beide üblen Anstiege hinter mich gebracht. Am nächsten Tag fuhr ich nach Nikkaluokta. Es geht ja fast nur bergab, also klappte das ganz gut.

Nikkaluokta-Abisko

Ich zeltete also kurz vor der Busstation und nahm am frühen Morgen den frühesten Bus nach Kiruna. Ich wollte mich in dieser Stadt nicht allzulange aufhalten und gleich am selben Tag zurückfahren. Mehrere Liter Orangensaft wurden Opfer meines Durstes und viele Äpfel und Bananen Opfer des Vitaminmangels. Am Abend kehrte ich mit vollen Händen satt nach Nikkaluokta zurück und begab mich direkt wieder in die Natur.